Aldo Nove: Lo Yogurt. In: WOOBINDA e altre storie senza lieto fine. Castelvecchi 1996
Es ist schön, Bücher zu kaufen.
Eine Wohnung ohne Bücher ist sehr traurig.
Ich besitze 75.
Lexika, denn alles andere bringt nur Unordnung.
Viele haben einen einfarbigen Umschlag, andere, wie die Geschichte des Faschismus oder das Lexikon für den modernen Angler, sind mehrfarbig.
Der Verkäufer vom Zeitungsladen besorgt mir die Lexika in der Farbe, die ich ihm nenne. Ich kaufe sie und stelle sie in die Wohnung.
Ich, der ich viele Bücher besitze, bin Hugo. Ich bin vierzig Jahre alt. Mein Sternzeichen ist Fische.Eins der Lexika, das ich besitze, ist die Geschichte der Philosphie. Falls ihr es lesen wollt, solltet ihr wissen, dass man am Anfang gut mitkommt. Dann nicht mehr. Am Ende wird es kompliziert. Am Anfang gibt es Leute, die einem erklären, alle Dinge bestünden aus einem Ding. Einer sagt, alle Dinge seien aus Wasser, der andere, alle Dinge seien aus Luft und so weiter.
Für mich ist die Welt aus Yoghurt, und man versteht das erst allmählich, wenn man reifer wird.
Als Kind verstehst du das nicht; du nimmst die Dinge ohne über sie nachzudenken, sparst Geld um sie zu kaufen, und dann benutzst du sie, spielst mit ihnen - ohne zu überlegen, woraus sie bestehen.Die Bar unterm Haus, die nachts bis drei geöffnet hat, verkauft Eis verschiedener Sorten.
Die schmecken zum Beispiel nach Schokolade. Oder nach Vanille. Die nächste nach Yoghurt. Aber Yoghurt, das heißt entweder einfacher Yoghurt, oder Aprikose, oder andere Geschmacksrichtungen. Das ist so, weil Aprikose zwar nach Aprikose schmeckt, da es ja aus Aprikose gemacht ist, aber noch mehr schmeckt es nach Yoghurt, weil es aus Yoghurt gemacht ist; es ist Yoghurt Aprikose, aus dem sie dann, später, das reine Aprikose extrahieren und verkaufen, und so läuft es mit den anderen Sorten und den anderen Dingen.Nimm zum Beispiel die Torten von Mulino Bianco. Geh nachgucken, was bei den Zutaten steht, falls du auch eine im Hause hast. Dort steht geschrieben, dass die Lockerheit des Gebäcks durch den Zusatz von Aprikosenyoghurt erreicht wird.
Vor dem Yoghurt war die Erde hart, voll von Dinosauriern und wilden Tieren, nachzulesen im Lexikon der Prähistorie. Die Menschen aßen keinen Yoghurt und waren völlig dumm.
Sie waren bestialisch. Nach und nach hat man dann kapiert, dass die Streitereien nichts bringen, da alles aus Yoghurt ist, alle Dinge gleich sind und allzu großer Ärger kaum den Aufwand lohnt. Das ist, so einigermaßen erklärt, die Geschichte der Philosophie.
Ich glaube, nicht alle wissen von dieser Sache (fast niemand). Um sie zu erfahren, müsste man sich Bücher kaufen, die einem beim Denken helfen; nicht nur Pornoheftchen und Liebesromane für Frauen, denn die sind zwar auch aus Yoghurt, wie alle existierenden Dinge, aber sie sind hart, prähistorisch; sie handeln von allem möglichen, und man merkt gar nicht mehr, was man tut: man geht auf die Straße, um an kommunistischen Demonstrationen teilzunehmen, kauft keinen Yoghurt mehr, kauft Desserts von Galbani, isst sie ohne nachzudenken, woraus sie wirklich bestehen, man entfernt sich vom Yoghurt, die Jahre vergehen, und im Lauf seiner Existenz bringt man nichts zustande, man lebt weiter, einfach so, weder weise noch reich, bis man am Ende stirbt und wieder zu Yoghurt wird.
Übersetzung: Olaf Grabienski